Gelenkerguss im Röntgenbild – direkt oder nur zu erahnen?
Ein Gelenkerguss kann im Röntgenbild sichtbar sein – muss es aber nicht. Manchmal liefert nur ein indirektes Zeichen den entscheidenden Hinweis.
In diesem Beitrag erfährst du, wie Gelenkergüsse erkannt werden, welche Zeichen typisch sind – und wann Vorsicht geboten ist.
🔬 Was ist ein Gelenkerguss?
Ein Gelenkerguss ist die vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Gelenkspalt.
Er kann serös, hämorrhagisch oder eitrig sein – je nach Ursache.
Im Röntgenbild wird er meist indirekt über Weichteilveränderungen oder Verschiebung anatomischer Strukturen sichtbar.
📸 Direkt vs. indirekt – was sieht man wirklich?
Typ des Zeichens | Beschreibung |
Direkte Zeichen | Sichtbarer Flüssigkeitsspiegel (v. a. bei Kontrast/MRT) |
Indirekte Zeichen | Verdrängung von Fettpolstern, Weichteilschwellung |
Unspezifische Zeichen | Gelenkspaltverbreiterung, Silhouettenveränderung |
🧭 Radiologische Zeichen: nach Gelenkregion geordnet
🦴 Ellenbogen – Fat Pad Sign
- Ventrales Fettpolster (anterior): normal sichtbar
- Dorsales Fettpolster (posterior): nicht sichtbar bei Gesunden!
➡️ Sichtbar → Hinweis auf Erguss (z. B. bei Fraktur, v. a. Radiusköpfchen)
🦴 Knie – Supra-/Parapatellaraussackung
- Weichteilverdichtung oberhalb der Patella
- Verlagerung der Hoffa’schen Fettkörper
- Streckseitenaufnahme hilfreich
🦴 Schulter – Capsulare Aufweitung
- Indirekt durch Verbreiterung der Gelenkkonturen
- Im MRT oder Sono deutlicher als im Röntgen
🦴 Sprunggelenk – laterale Weichteilschwellung
- Deutlich bei Hämarthros oder posttraumatisch
- Evtl. Gelenkspaltverbreiterung
🧠 Differenzialdiagnosen eines Gelenkergusses
Mögliche Ursache | Hinweis im Röntgenbild |
Trauma (Fraktur?) | z. B. Fat Pad Sign, Gelenkspaltverbreiterung |
Arthritis (rheumatisch, infektiös) | Schwellung, evtl. Osteopenie, Erosionen |
Hämarthros (Bluterkrankung, Trauma) | Dichte Weichteilstruktur, ggf. Verkalkung |
Gicht / Kristallarthropathie | Weichteilverkalkungen, Erosionen, Tophi |
⚠️ Klinische Relevanz
Ein radiologisch sichtbarer Gelenkerguss sollte immer im klinischen Kontext bewertet werden:
- • Akut? → Trauma? Infektion? Hämarthros?
- • Chronisch? → Arthritische Grunderkrankung?
- • Lokalisiert oder polyartikulär?
💡 Merke: Nicht jeder Erguss ist sichtbar. Sonografie oder MRT sind sensitiver, aber das Röntgenbild liefert oft den ersten entscheidenden Hinweis.
📚 Quellen & Weiterführende Literatur
- Keats TE. Normal Variants That May Simulate Disease
- ACR Appropriateness Criteria® – Suspected Joint Infection / Acute Trauma
- Greenspan A. Orthopedic Imaging: A Practical Approach
- Dähnert W. Radiology Review Manual