Gedoppelter Aortenbogen – Ein seltener, aber bedeutsamer Zufallsbefund auf dem Thorax-Röntgenbild
Röntgenfall TH 294
Einleitung
Der gedoppelte Aortenbogen (Double Aortic Arch) ist eine seltene, angeborene vaskuläre Fehlbildung, die typischerweise im Kindesalter diagnostiziert wird – häufig aufgrund von Symptomen wie Stridor, Dysphagie oder Atemnot. Bei Erwachsenen ist er selten, kann aber als Zufallsbefund in der konventionellen Röntgenaufnahme (RX-Thorax) erscheinen und eine Raumforderung des oberen Mediastinums vortäuschen.
Anatomische Grundlagen
Beim gedoppelten Aortenbogen persistieren beide embryonalen vierten Aortenbögen, wodurch sich ein Gefäßring um Trachea und Ösophagus bildet. Typischerweise verlaufen zwei Aortenbögen – ein rechter und ein linker – die sich dorsal der Luftröhre vereinigen und gemeinsam in die Aorta descendens übergehen.
Radiologischer Aspekt – konventionelles Röntgen
Auf der posteroanterioren (PA) Thoraxaufnahme kann ein gedoppelter Aortenbogen wie folgt imponieren:
Mediastinale Raumforderung im oberen Bereich, häufig rechtsbetont
Breitere mediastinale Silhouette
Eventuell Verlagerung oder Einengung der Trachea sichtbar (besser im seitlichen Bild)
Häufig uncharakteristisches Bild, das weiterführende Diagnostik erfordert
Seitliche Aufnahme
In der lateralen Projektion kann eine kompressionsbedingte Einengung der Trachea („Vascular Ring“) angedeutet sein. Die Raumforderung liegt meist ventral und leicht superior der Trachea.
Differenzialdiagnosen bei mediastinaler Raumforderung im oberen Mediastinum
Thymome / Thymusrestgewebe
Lymphome oder andere Lymphadenopathien
Vaskuläre Anomalien (u. a. Aneurysmen, aberrierender rechter Subclavia)
Zysten (bronchogene, enterogene Zysten)
Schilddrüsenvergrößerung mit retrosternalem Anteil
Weiterführende Diagnostik
Eine CT-Angiografie ist die Methode der Wahl zur definitiven Darstellung und Typisierung der Aortenbogenanomalie:
Darstellung der zirkulären Gefäßstruktur
Beurteilung der Trachea- und Ösophaguskompression
Differenzierung von Varianten: rechter dominanter, linker dominanter oder symmetrischer Doppelbogen
Klinische Bedeutung
Bei symptomatischen Patienten – insbesondere mit stridorartigen Atemgeräuschen, Dysphagie oder rezidivierenden Atemwegsinfekten – ist eine chirurgische Korrektur indiziert. Asymptomatische Erwachsene mit Zufallsbefund benötigen meist nur Beobachtung und ggf. Verlaufskontrollen.
Fazit
Der gedoppelte Aortenbogen ist ein seltenes, aber radiologisch relevantes Krankheitsbild. In der konventionellen Thoraxaufnahme kann er sich als unspezifische mediastinale Raumforderung präsentieren. Der Verdacht sollte bei atypischer Trachealverlagerung oder ungewöhnlicher mediastinaler Kontur bestehen. Die CT-Angiografie sichert die Diagnose und erlaubt eine genaue anatomische Darstellung.